Gegen jede Form des Antisemitismus

DREI FRAGEN AN Dagmar Müller, Geschäftsführerin der Evangelischen Frauen im Rheinland, zur Diskussion um den Weltgebetstag 2024 aus Palästina am 1. März.

 

Dagmar Müller führt als Leitende Pfarrerin und Geschäftsführerin die operative Arbeit der Evangelischen Frauen im Rheinland.
Dagmar Müller führt als Leitende Pfarrerin und Geschäftsführerin die operative Arbeit der Evangelischen Frauen im Rheinland.

Frau Müller, dass der Weltgebetstag der Frauen (WGT) in diesem Jahr aus Palästina kommt, stand lange fest. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel wurde die Vorlage für den 1. März noch mal geändert. Warum?
Dagmar Müller:
Schon vor dem Terrorangriff wurde an der Gottesdienstordnung Kritik geübt und den Texten antisemitische Tendenzen unterstellt. In Erwartung dieser Vorwürfe haben wir frühzeitig mit der zuständigen Abteilung 1 der Landeskirche die Texte bewertet und sahen dieses Problem nicht. Dass die Perspektive der palästinensischen Christinnen, die als Frauen, Palästinenserinnen und Christinnen diskriminiert werden, schmerzhaft ist, müssen wir uns zumuten und aushalten. Die Texte sind schon 2022 festgelegt worden. Doch nach dem grauenhaften Terrorangriff sah das WGT-Komitee in Deutschland die Notwendigkeit, die aktuelle Situation aufzugreifen und die Ordnung zu bearbeiten.

Was wurde unternommen, um dem Vorwurf antisemitischer Bestandteile zu begegnen?
Müller:
Zuerst und zu Recht wurde das Titelbild zurückgezogen, denn die Künstlerin hat sich nicht von der Hamas distanziert. Die Texte wurden fast nicht verändert, denn wir stehen zu der internationalen Leitlinie der Texttreue in der WGT-Bewegung. Die Texte wurden aber in Absprache mit dem palästinensischen Komitee durch eine Einführung in die Ordnung und kurze Kontextualisierungen sowie zusätzliche Fürbitten für die Opfer des Terrors und des Kriegs ergänzt. Jedes Jahr beten wir am Weltgebetstag mit den Christinnen vor Ort für Gewaltfreiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Und genau das tun wir dieses Jahr mit unseren christlichen Schwestern in Palästina. Wann, wenn nicht jetzt?

Wie groß ist der Dissens dazu innerhalb der internationalen Weltgebetstagsbewegung?
Müller:
Die internationale Bewegung kann die deutsche Perspektive und Haltung nicht verstehen. Sie versteht nicht, dass unsere historische Verantwortung uns hochsensibel macht gegen jede Form des Antisemitismus. Es gibt vom WGT International keine klare Stellungnahme gegen den Terror der Hamas und für die Opfer in Israel. Das ist für mich ein Skandal! Umso mehr ist es unsere Aufgabe zu verdeutlichen, dass es in diesem Konflikt nicht nur eine Wahrheit gibt, weder die israelische noch die palästinensische. Das wollen wir international, aber auch in unseren Studientagen zur Vorbereitung des WGT vermitteln.

 

Dieser Beitrag ist der aktuellen Ausgabe des Magazins EKiR.info für die Mitglieder der Presbyterien entnommen. Das komplette Februarheft finden Sie zum Download hier

  • 19.2.2024
  • Ekkehard Rüger
  • Privat